Wir brauchen eine neue Kraftwerkstrategie für Berlin!
Plenarrede vom 6. Juni 2024.
Sebastian Scheel (LINKE):
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Das war jetzt ein kurzer Beitrag, aber ich habe Verständnis dafür, dass Sie eingesprungen sind. Insofern kann man da, glaube ich, nichts sagen. Ich bin auch erst mal sehr dankbar dafür, dass der Antrag auf die Tagesordnung gekommen ist, weil es sich lohnt, über dieses Thema zu reden. Wer wie der Kollege Taschner und ich gestern beim BDEW war, dort mal durch die Gänge gegangen ist und sich das auch über die Wasserstoffzufuhr angehört hat, der bekommt schon ein bisschen das Gruseln. Also wir reden ja schon gar nicht mehr vom grünen Wasserstoff. Selbst das Bundeswirtschaftsministerium geht im Moment wohl davon aus, dass blauer Wasserstoff durchaus eine gangbare Variante ist, das
heißt, mit Gas erzeugter Wasserstoff, dann wird es wirklich absurd, weil wir das Gas dann verprassen. Dann können wir in der Tat auch über andere Möglichkeiten reden, als diesen Wasserstoff dann wieder zu verbrennen.
Das wäre wirklich absurd. Dann hätten wir sozusagen alles doppelt gemoppelt gemacht. Das kann, glaube ich, keine Lösung für eine Wärmestrategie in Berlin sein.
In der Tat ist es ein guter Tag gewesen, dass wir jetzt die Fernwärme in der Hand haben. R2G hat es angeschoben, Schwarz-Rot durfte dann die Lorbeeren ernten. Das ist sozusagen der Übergang, der in die jetzige Zeit gefallen ist, aber die Idee, dass wir die Systeme für die Fernwärme in öffentlicher Hand brauchen, kommt von R2G. Da können Sie keinen Etikettenschwindel betreiben, liebe Kollegen von der CDU!
Es ist auch richtig, wenn wir von Dekarbonisierung und dem Erreichen von Klimazielen reden, dann liegen 50 Prozent der Verantwortung in der Erzeugung von Wärme. Dementsprechend ist natürlich die Frage der Wärmeproduktion essenziell für die Bewältigung der
großen Herausforderungen, vor denen wir alle stehen. Da sind wir alle einig, es ist eine große Herausforderung.
Deshalb ist es auch richtig, wir brauchen eine neue Kraftwerkstrategie für Berlin, denn das, was Vattenfall vorgelegt hat, ist nicht ausreichend. Das müsste eigentlich auch der Senat so sehen. Wenn ich mich richtig an alte Kommentierungen von Herrn Gaebler noch in anderer Funktion erinnere, da war Vattenfall immer etwas schwierig, immer zu unambitioniert, immer ein bisschen zu langsam in der Umsetzung ihrer eigenen Dekarbonisierungsfahrpläne. Insofern ist es jetzt in unserer Hand.
Dementsprechend liegt auch die Verantwortung in unserer Hand, dort schnell Klarheit zu schaffen, wohin wir wollen.
Fraunhofer hat in seiner Potenzialstudie von 2021 die Zielrichtung 2035 schon mal klargemacht, dass es eben nicht darum gehen kann, Gas einfach durch Wasserstoff zu ersetzen, sondern dass 65 Prozent in der Tat aus den Quellen Umwelt- und Abwärme, also Geothermie, Wärmepumpen und Power-to-Heat-Anlagen kommen müssen. Dementsprechend brauchen wir die Kraftwerkstrategie, die diese Planungen, die eigentlich vorliegen, in die Realität umsetzt und eine umsetzbare, realistische Perspektive bietet.
Was mir an dem Antrag fehlt, muss ich auch dazu sagen, ist eigentlich ein Punkt, der im Moment viele Menschen in Berlin umtreibt, nämlich die Frage der kommunalen Wärmeplanung. Die kommunale Wärmeplanung wird bestimmt mit Hochdruck erarbeitet, aber andere Städte machen vor, wie es geht. Wenn es München und Hamburg schaffen, ihren Leuten zu sagen, wo ein Ausbau der Fernwärmeleitungen sein wird, perspektivisch wahrscheinlich, und wir uns immer noch hinstellen und so tun, als könnten wir bis 2026 warten, um den Leuten mal zu sagen, Planungssicherheit kriegt ihr dann 2026, dann sind wir auf dem falschen Pferd.
[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]
Berlin muss liefern. Wir brauchen Klarheit in der Frage, wo Fernwärme sein wird, wo sich die Leute selber kümmern müssen. Da kann ich den Senat nur auffordern, in dieser Frage mal ein bisschen Tempo zu machen und nicht zu warten, bis die kommunale Wärmeplanung 2026 auf den Tisch gelegt werden muss, sondern heute und hier den Leuten Sicherheit zu geben. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]