Sebastian Scheel zur Nutzung von Geothermie in Berlin

Sebastian Scheel zur Nutzung von Geothermie in Berlin

Plenarrede vom 22. Februar 2024 zum Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der SPD

"Grundlagen für eine erfolgreiche Geothermienutzung in Berlin legen – den Energieatlas um Geothermie erweitern"

Sebastian Scheel (LINKE):
Vielen Dank, sehr geehrte Frau Präsidentin! – Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Jetzt ganz am Ende wurde ich noch ein bisschen schlauer, warum dieser Antrag der Koalition gestellt wird. Wahrscheinlich gibt es vom Kollegen Saleh und Herrn Stettner so einen Maßnahmeplan: Wir müssen mal über Themen reden. Es ist egal, was im Antrag steht, Hauptsache, über das Thema wird geredet. – Das haben wir schon beim Wasserstoff gehabt, und jetzt gibt es das bei der Geothermie.

[Zuruf von Carsten Schatz (LINKE)]

Das ist ein bisschen schade, denn eigentlich ist es ein interessantes Thema. Ein paar Themen sind schon angesprochen worden. Es gibt einen wunderbaren Energieatlas in Berlin, und lustig, wenn man hinguckt, Geothermie ist drin wie auch alle anderen erneuerbaren Energieformen. Man kann sogar reingucken, wo das Potenzial von Geothermie ist, und zwar aufgeteilt von 0 bis 40 Metern, 0 bis 60 Metern, 0 bis 80 Metern, 0 bis 100 Metern. Da reden wir von oberflächennaher Geothermie. Wunderbare Datenpunkte kriegt man da, wirklich eine großartige Arbeit, aber sie ist schon erfolgt. Deswegen versuche ich immer noch herauszufinden, wo der Mehrwert dessen, was Sie beantragt haben, sein soll, aber vielleicht werde ich ja im Laufe der Ausschussberatung noch eines Besseren belehrt.

Vizepräsidentin Dr. Bahar Haghanipour:
Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Freymark?

Sebastian Scheel (LINKE):
Aber immer gern, das wird ja meine Redezeit verlängern.

Vizepräsidentin Dr. Bahar Haghanipour:
Vielleicht hilft das ja bei der Aufklärung. – Bitte schön, Herr Abgeordneter!

Danny Freymark (CDU):
Lieber Herr Scheel, vielen Dank! Ich hoffe, dass die Wartezeit nicht von Ihrer Redezeit abgezogen wird, möchte aber kurz nachfragen, ob Sie mit der Bilanz der vorigen Regierung insofern zufrieden sind, dass Sie sagen, das Thema Geothermie braucht gar keinen weiteren Anschub, denn wir sind schon auf dem Stand der Dinge, auf einem sehr guten, exzellenten Niveau.

Sebastian Scheel (LINKE):
Vielen Dank für die Frage! – Erst mal, das will ich mit keiner Silbe gesagt haben, denn die Tiefenbohrungen, die wir gerade machen, sind noch von der alten Regierung angestoßen worden. Sie profitieren ja im Moment vom Ergebnis der haushälterischen Vorsorge und von der inhaltlichen Maßgabe, dass wir Tiefengeothermie überhaupt machen müssen. Es gibt ja, wie Sie vielleicht im November letzten Jahres in der Zeitung gelesen haben, die Senatorin hatte sich geäußert, drei Standorte, an denen Geothermie jetzt neu geprüft werden soll. Das ist einmal Buch, dann gibt es noch in Neukölln das Fernheizkraftwerk und UTR, die Urban Tech Republic. Das sind die drei Standorte, an denen Geothermie herausgewonnen wird. Darauf, warum es deshalb richtig war, dass Rot-Rot-Grün es angeschoben hat, komme ich in meinem Beitrag noch zu sprechen. Danke schön für die Frage!

Wir waren gerade bei der oberflächennahen Thematik. Wie gesagt: Es gibt ungefähr 15 000 Bohrungen, die in Berlin schon vorgenommen wurden. Deswegen haben wir einen sehr guten Überblick, was die oberflächennahe Geothermie angeht, die in dem Atlas, den Sie ja gerne nutzen wollen, auch schon mit aufbereitet ist. Ich habe mal die Vermutung, dass sich im Rahmen der oberflächennahen Geothermie auch nicht so viel ändern wird, selbst wenn wir noch mal 15 000 Bohrungen machen. Das Ergebnis bleibt das gleiche. Wir wissen, wo Potenziale sind, wir wissen, wo Ausschlussgebiete sind, wegen des Grundwasserschutzes, und dementsprechend gibt es da nichts Neues herauszubekommen.
Interessant wird das Thema insofern, dass wir an der oberflächennahen Geothermie immer eine Wärmepumpe brauchen, denn die Temperaturen, die dort erreicht werden, reichen von sich aus nicht aus, um das Haus zu heizen. Da muss durch eine Wärmepumpe nachgeholfen werden. Erst ab 1 000 Metern kommen wir in Schichten, in denen 40 Grad Celsius erreicht werden. Das ist für uns auch noch nicht interessant, denn wir wollen ja nicht, dass die Leute wie wild anfangen, 1000 Meter tief in den Boden zu bohren, bei allen Gefahren, die daran hängen.
Für uns ist es deshalb interessant, weil wir ab 3,2 Kilometern Tiefe eine Hitze des Bodens, der Geothermie bekommen, die ausreichend ist, um Strom zu produzieren. Das ist doch des Pudels Kern. Deswegen brauchen wir die Tiefenbohrungen; nicht, damit alle Leute wissen, wo sie jetzt bitte mal ganz tief reinbohren,
sondern damit wir wissen, wo denn bitte schön unsere Kraftwerke, die aus Geothermie gespeist werden und Wärme produzieren können, dann auch hingestellt werden sollen. Deswegen ist das Fernheizwerk Neukölln ein richtiger Standort. Es ist auch die Urban Tech Republic ein richtiger Standort, weil dort ein neues Stadtquartier entwickelt werden soll, was dementsprechend auch mit Wärme versorgt werden muss. Bisher gibt es von der IBB eine Studie. Die hat vielleicht
der ein oder andere nicht gelesen. Die ist im Oktober 2023 veröffentlicht worden und geht davon aus, dass 20 Prozent unseres zukünftigen Wärmebedarfs aus der Geothermie kommen könnte, in absoluten Zahlen: 6 440 Gigawattstunden, die wir an Wärmeleistung aus der Geothermie hervorholen können. – Insofern ist das ein sehr wichtiges Thema.

Der Antrag allerdings wird dem nicht ganz gerecht. Ob wir ihm zustimmen, wird daran hängen, ob wir da im Ausschuss noch ein bisschen „Butter bei die Fische“
bekommen, was Sie mit diesem Antrag wollen. Dann können wir uns gerne noch mal darüber unterhalten. Unabhängig davon, dass die Bohrung erst im nächsten Jahr beginnen soll, wird es für die Wärmeplanung ein bisschen knapp. Um das noch einfließen lassen zu können, gibt es in Berlin schon drei weitere Bohrungen, die zumindest ein paar Kenntnisse geliefert haben sollten:
einmal Berlin 1 in Charlottenburg-Wilmersdorf, mit 4039 Metern ganz schön tief – meine letzte Minute läuft –, Reichstag 1 in Mitte, 560 Meter, ist nicht ganz so interessant, und in Wartenberg in Lichtenberg mit 1888 Metern, auch relativ tief in die Tiefe gegangen. Geothermie ist ein Thema, ein Thema der Zukunft, das wir bei der Wärmeplanung mitberücksichtigen sollten.

Der Antrag gibt das leider nicht her. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]