Wirtschaftspolitik ist aktiv zu gestalten!

Plenarrede vom 14. Dezember 2023

Sebastian Scheel (LINKE):
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man den Koalitionsrednern so zuhört, möchte ich auch etwas von dem haben, was sie zu sich nehmen. Ganz großartig!

[Beifall von Carsten Schatz (LINKE) und Frank-Christian Hansel (AfD) – Lachen von Ronald Gläser (AfD)]

Ich hoffe nur, dass Sie die Hälfte von dem glauben, was Sie erzählen. Wenn wir auf einmal zum Motor und Standort Nummer 1 werden sollen und ein klares Zeichen für Wachstum gestellt werden müsste, müssten in der Wirtschaft die Sektkorken knallen. Ich komme aber gleich auf die Wirtschaft zurück.
Erst einmal zu dem, wo wir stehen: Wir hatten in Berlin in der letzten Dekade eine Wahnsinnswirtschaftsdynamik. Die letzten zehn Jahre waren von einem über-
durchschnittlichen Wirtschaftswachstum geprägt, und das ist gut so. Diese Stadt, diese Metropole hat es verdient, dass eine starke Wirtschaft Steuereinnahmen bringt, Arbeitsplätze bietet und auch Produkte in die Welt bringt. Das ist aber nicht von alleine gekommen. Wirtschaftspolitik ist aktiv zu gestalten. Sie ist insofern Ausdruck der Clusterstrategie, die unter Harald Wolf entwickelt wurde, damals für die PDS und Die Linke Senator für Wirtschaft.

[Beifall von Kristian Ronneburg (LINKE) und Carsten Schatz (LINKE)]

Diese Clusterstrategie hat die endogenen Faktoren erst hervorgehoben, aus denen heraus sich eine Start-up-Szene entwickeln konnte. Sie hat unterstützt, diese Szene zu etablieren. Das ist heute eine sehr erfolgreiche Strategie gewesen. Insofern kann ich immer nur auffordern, dass wir Wirtschaftspolitik ernst nehmen, dass wir sie als aktive Maßnahme zur Zukunftssicherung von Berlin, für unser Land sehen. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß, dass wir in den letzten Sekunden sind, aber vielleicht können wir noch ein paar Sekunden ausharren oder die Gespräche nach außen verlagern. Danke schön!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Dr. Maja Lasić (SPD)]

Es gibt aber massive Änderungen in der Wirtschaft. Wir haben es mit einem massiven Wandel im Handel zu tun. Wir haben eine Riesenaufgabe in der Dekarbonisierung der Wirtschaft. Wir haben eine gigantische Herausforderung mit der Frage des Fachkräftemangels. Auch die Digitalisierung ist nicht zum Nulltarif zu haben.
Hier komme ich dazu, was die Wirtschaft zu diesem Haushalt, zu dem, was darin verankert ist, um diesen Themen gerecht zu werden, sagt. Zitat des Präsidenten
der IHK:
... kein erkennbarer Schwerpunkt auf Standort und damit zukunftsrelevante Investitionen zu erkennen.

Das ist ein Armutszeugnis für diesen Haushalt, meine Damen und Herren von der Koalition, wenn Ihnen selbst die Wirtschaft sagt, dass Sie keinerlei Schwerpunkt erkennen lassen!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Frank-Christian Hansel (AfD) – Frank-Christian Hansel (AfD): Richtig!]

Damit kommen wir zu den eigentlichen großen Themen. Wir haben eine Transformation zu bewältigen, und diese Transformation bedeutet auch, viel Geld in die Hand zu nehmen, manchmal mehr, als manchen lieb ist. Das heißt, dass wir etwas für den Stromnetzausbau tun müssen. Dass bis heute für die Berlin Energie und Netzholding GmbH keine Klärung des Eigenkapitalbedarfs erfolgt ist, ist ein Armutszeugnis, ein Trauerspiel. Wir brauchen diesen Stromnetzausbau!

[Beifall bei der LINKEN]

Dass die Koalition im Solarausbau überhaupt ein Mindestmaß an Geld reinsetzen musste, ist auch ein Armutszeugnis, gleiches Thema bei der Ladeinfrastruktur, gleiches Thema beim Ausbau des Wasserstoffnetzes. Am Ende haben wir eine gigantische pauschale Minderausgabe, die es erst einmal zu bewirtschaften gilt und gleichzeitig ein Sondervermögen, von dem wir noch nicht einmal wissen, ob es rechtssicher umsetzbar ist. Alles, was wir gerne an schönen Sachen hätten, sollte ja offensichtlich ins Sondervermögen verschoben werden. Das ist ein großes Problem. Auch hier darf ich die IHK zitieren, die das heute zum Ausdruck gebracht hat:
Dieses Vorgehen schafft aus Sicht der Wirtschaft enorme Unsicherheiten für den Standort. Mehr habe ich nicht hinzuzufügen! – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]